Interview: Was zeichnet effektives Marketing aus?

Für das Blog „Presales Marketing“ bat mich Robert Nabenhauer um ein Gespräch. Wir diskutieren über effektives Marketing und was es auszeichnet. Ohne explizit auf Content-Marketing einzugehen, erwähne ich wichtige Aspekte dieses ganzheitlichen Ansatzes. Hier geht es direkt zum Interview.

Herr Schütz, ich weiß, Sie sind ein Experte auf Ihrem Gebiet. Möchten Sie sich unseren Lesern zu Beginn des Interviews kurz vorstellen?

Gerne! Im Norden der Republik aufgewachsen, zog es mich vor langer Zeit zum Marketingstudium ins Rheinland. Mit dem Diplom in der Tasche verdiente ich in der Bahn- und Logistikbranche sowie zum Thema „Erneuerbare Energien“ meine ersten Sporen. Über meine Beratungstätigkeiten gelangte ich als Marketing- und Vertriebsleiter zu meiner heutigen Berufung als PR-Berater.

Als Unternehmensberater sowie Marketing- und Vertriebsleiter haben Sie jahrelange Erfahrungen gesammelt. Was zeichnet für Sie konkret ein effektives Marketing aus?

Effektives Marketing bedeutet für mich die fristgerechte Erreichung der Unternehmensziele mit konsequenter Kundenorientierung und wirkungsvoller Budgetverwendung. Generell interpretiere ich effektives Marketing als Teil der Unternehmensphilosophie.

Kaltakquise als notwendiges Übel und realistische Chance

Wie viele Ihrer Kunden, Sie arbeiten als PR- und Mediaberater, setzen zu Beginn Ihrer Beratung Methoden der Kaltakquise ein? Wie erfolgreich sind sie damit?

Gefühlt würde ich „alle“ sagen! Die Kaltakquise ist eine traditionelle Marketingmethode und in ihrer Anwendung weiterhin beliebt. Ein notwendiges Übel sozusagen. Der Erfolg ist unterschiedlich. Das Gros würde meiner Erfahrung nach eine positive Bilanz ziehen. Allerdings hat die Durchschlagskraft nachgelassen, was mit den verschärften Regularien zu tun hat. Kreativität ist gefragter denn je. Außerdem gibt es zu viele schwarze Schafe, wie beispielsweise beim Telefonmarketing. Unseriöse Angebote und Versprechen, die die Branche in Verruf bringen.

Welche Alternativen sehen Sie für diese Marketingform? Sie ist, wie festgestellt, nach wie vor weit verbreitet – nicht nur in den Konzepten, sondern auch in den Köpfen.

Natürlich sind die Social Media für eigene Zwecke wichtig. Doch gibt es hierbei noch klarere Spielregeln: Es geht nicht um Direktvertrieb im klassischen Sinne, sondern um den Aufbau eines persönlichen Beziehungsnetzwerkes. Die Fluktuation der Mitarbeiter innerhalb der PR- und Werbebranche ist zwar überdurchschnittlich hoch, die Branchen sind aber zugleich ausgesprochen klein.

Facebook ist nicht Social Media und eignet sich für jeden

Ist der Einstig erst geglückt und stimmt die Chemie mit dem Kunden, arbeiten wir viele Jahre gemeinsam in unterschiedlichen Positionen an verschiedenen Herausforderungen. Daneben oder besser zusätzlich halte ich Empfehlungsmarketing und Mundpropaganda für alternativlos.

Wohin steuert das Marketing Ihrer Meinung nach? Sind wir alle künftig auf Facebook angewiesen, um neue Kunden zu finden? Wo stehen wir in einem Jahr, wo in drei Jahren?

Das Marketing hat sich im Laufe der Jahre ohnehin enorm weiterentwickelt, neue Gruppierungen wie das Customer Relationship Management (CRM) sind hinzugekommen. Individuelle Aspekte, wie beispielsweise für den Dienstleistungssektor (Immaterialität, Leistungsfähigkeit, externer Faktor), haben an Bedeutung gewonnen. Natürlich wird es auch zukünftig entsprechende Besonderheiten geben. Um es deutlich zu sagen: Facebook ist nicht Social Media und Social Media eignet sich nicht für jeden oder alles! Der Erfolg kommt nicht über Nacht und lässt sich vor allem nicht erzwingen.

In einem Jahr wird Social Media innerhalb der Branchen mit Nachholbedarf etabliert und somit fester Bestandteil des Marketing-Mix sein. Mit Blick auf die Entwicklung des Internets innerhalb der letzten Dekade fällt mir eine Prognose für drei Jahre schwerer. Sollten wir das sogenannte Web 3.0 anwenden, ist selbiges in drei Jahren im „Zeitalter 4.0“ überholt.

Effektives Marketing beginnt bei den Führungskräften

Es gibt nichts Spannenderes als neue Trends aufzuspüren und zu verfolgen. Deshalb finde ich beispielsweise den Gedanken an das „Semantische Web“ reizvoll. Personalisierte Botschaften eröffnen dem Marketing zahlreiche neue Möglichkeiten. Andererseits finde ich den sorglosen Umgang mit Daten beunruhigend.

Nun existieren Netzwerke wie Facebook oder Xing nicht erst seit gestern. Wie erleben Sie den Umgang von Führungskräften und Unternehmern mit diesen Medien?

Als Mediaberater bin ich in der glücklichen Situation, dass meine (Agentur-)Kunden internetaffin sind. Die Gespräche verlaufen auf Augenhöhe, mit konkreten Vorstellungen. Im Umgang mit diesem Medium genieße ich ferner ausnahmslose Rückendeckung bei meinem Arbeitgeber. Diesen Vertrauensvorschuss kann ich durch Empfehlungen und Reputation zurückgeben. Mit einigen Führungskräften besteht ein persönliches Verhältnis, der Austausch ist fruchtbar. Beide Seiten lernen viel und profitieren voneinander.

Sie haben sich tiefergehend mit dem PreSales Marketing beschäftigt. Was reizt Sie an dieser Strategie? Was gefällt Ihnen, was stört Sie?

Um die Kundenphilosophie besser zu verinnerlichen und gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, sind persönliche Gespräche von Beginn an unentbehrlich. Gerade beim komplexen Themenfeld „Mediendienste“ ist eine ehrliche und intensive Beratung wichtig. Es kommt extrem gut an, wenn ich frühzeitig die Dinge anspreche, die ich anders als in der beabsichtigten Form realisieren und zum Erfolg führen will.

Strenge Vorgaben und Kennzahlen für die Zielerreichung

Den Kunden abzuholen und gemeinsam eine Story zu entwickeln, das gefällt mir am PreSales Marketing. So kann ich mein Gespür für das perfekte Timing beim Themensetting einbringen. Der Reiz besteht darin, eine fesselnde Geschichte zu erzählen und die eigentliche Botschaft latent unterzubringen.

Es stört mich allerdings, wenn ohne Rückmeldung das etwaige Vorhaben im Sande verläuft. Oder ein Wettbewerber die gemeinsam entwickelte Idee aufgreift und nahezu verramscht. Es ist zuweilen nicht einfach, die verprellten und vermeintlich potenziellen Kunden erneut einzufangen und von einem professionellen Mediendienstleister zu überzeugen.

Als Unternehmensberater haben Sie Einblicke in Firmen erhalten wie sonst nur Führungskräfte. Wie ticken Marketing-Abteilungen? Sind diese interessiert an persönlichen Beziehungen oder ignorieren sie die zwischenmenschlichen Aspekte?

Da ich ursprünglich aus dem Marketing komme, kenne ich den Rechtfertigungsdruck. Es gibt strenge Vorgaben und Kennzahlen zur Zielerreichung. Deshalb ensteht übereilt der Eindruck, dass die Mitarbeiter egoistisch seien und nur die eigenen respektive unternehmerischen Interessen verfolgen. Dem ist nicht (überall) so.

Eingangs habe ich erwähnt, dass effektives Marketing der wichtigste Bestandteil der Firmenphilosophie ist. Nach außen geht es darüber hinaus in erster Linie um die langfristige Pflege von Kunden-Beziehungen und die Konkretisierung persönlicher Bedürfnisse. Zwischenmenschliches zu vernachlässigen kommt deshalb einem Kardinalfehler gleich. Meistens werden diese Aspekte respektvoll eingehalten.

Soziale Komponente ist wichtig für effizientes Marketing

Was glauben Sie, woher diese Vorbehalte kommen? Marketing war ein Schwerpunkt Ihres Studiums. Läuft in der Ausbildung neuer Führungskräfte etwas schief? Was denken Sie?

In Studium und Ausbildung ist frühzeitig Konkurrenzkampf angsagt. Aufgrund der Vielzahl an Young Professionals wird suggeriert, dass nur wenige von ihnen Erfolg haben werden. Doch im Berufsleben trennt sich die Spreu vom Weizen. Meiner Meinung nach vor allem bei den Soft Skills, die bei der persönlichen Entwicklung vernachlässigt oder ungenügend vorgelebt werden. Gerade die Sozialkompetenz macht den (Wissens-)Vorsprung später aus.

Die soziale Komponente spielt eine bedeutende Rolle bei der Entfaltung des eigenen Durchsetzungsvermögens und der Führungsqualität. Wer am lautesten schreit, hat nicht automatisch Recht. Oder um es mit C.N. Parkinson zu sagen: „Selbst die weltbeste Werbeagentur kann keine gute Öffentlichkeitsarbeit leisten, wenn der Betrieb miserabel geführt wird.“ Ich gehe fair und transparent mit meinem Gegenüber um, argumentiere schlüssig. So gibt es mir gegenüber keine Vorbehalte, weder als Marketing-Experte noch als Berater. Mit einem Augenzwinkern und voll des Eigenlobes sage somit uneigennützig: Alles richtig gemacht!

Strategie ist Voraussetzung für effektives Marketing

Die Kosten-Nutzen-Relation ist im Marketing ein wichtiges und heiß diskutiertes Thema. Wie groß ist der Kostendruck innerhalb der Unternehmen?

Das Marketing steht nicht zuletzt durch die anhaltende Krise unter steigendem Kostendruck. Als Gründe nenne ich fallende Margen und die sinkende Kundenloyalität. Bei der Öffentlichkeitsarbeit ist viel zu oft Sparen angesagt. Aber gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten muss das Marketing ein hohes Niveau vorweisen. Wir sollten nicht am falschen Ende sparen und stattdessen strategisch denken und handeln. Eine Schwierigkeit sehe ich in der Messbarkeit des Erfolgs. Niemand kann derzeit beispielsweise Verlässliches zur Werbewirkung von Social Media sagen.

Alternativen sind dringend gebraucht. Wie schätzen Sie das Kosten-Nutzen-Verhältnis des PreSales Marketing ein?

Eine systematische und originelle Vorgehensweise setze ich hier voraus. Dadurch wird der zu leistende Aufwand vom losen Erstkontakt bis zur Referenz minimiert und kontinuierlich optimiert. Kundengewinnung, Bedarfsbefriedigung und Netzwerkausbau sowie erneut daraus resultierende Kontakte sind (automatisch) die Folge. Ein „Regelkreis des Vertrauens“. Dementsprechend ist PreSales Marketing aus Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten attraktiv.

Eine kritische Selbstreflexion und Geduld sind hilfreich

Worin sehen Sie das größte Potenzial dieser Strategie? Hat das PreSales Marketing das Zeug zum Game Changer?

Wichtigste Tugenden bei der täglichen Arbeit sind Ausdauer und Geduld, auch wenn einem zugegebenermaßen die benötigte Zeit fehlt. Gepaart mit Einfallsreichtum sehe ich darin zugleich das größte Potenzial dieser Strategie. Ausdrücklich sollten wir Freude und einen gewissen Spaß vermitteln. Eine „gesunde“ Identifikation mit dem Unternehmen, dem Produkt oder der Dienstleistung bildet hierzu die Grundlage und verhindert eine etwaige Betriebsblindheit. Um Rückschläge schneller zu verarbeiten und in positive Ansätze umzumünzen, ist eine kritische Selbstreflexion hilfreich. Prinzipiell halte ich PreSales Marketing für ein sinnvolles, sprich effizientes Dialogtool, welches allerdings stark personenabhängig ist. Damit wären wir wieder bei den Soft Skills; persönliche Stärken sind zunehmend wichtige Verhandlungsmerkmale.

Marketing-Abteilungen müssen sich umstellen, für ihre Kunden offener werden. Das ist mit Aufwand verbunden, keine Frage. Wie hoch schätzen Sie den Schwierigkeitsgrad des PreSales Marketing ein? Ist es eine Strategie für Experten oder kommen ferner unerfahrene Unternehmer damit zurecht?

Weiterhin für Begeisterung sorgen und offen für Neues sein

Sie sollten für mehr Begeisterung sorgen, sich von alten Denkweisen verabschieden sowie bei Planung und Konzeption eine andere Herangehensweise verfolgen. Eine zielgerichtete Platzierung und die Streuung von nachhaltigem Content sind unabdingbar, wenn generell ein positives Image oder eine hohe Reputation im Fokus steht. Gebe ich fortlaufend leblose Inhalte oder unnützes Wissen ohne jeglichen Bezug von mir. Werden die Empfänger (nicht zu verwechseln mit Zielgruppe) dies mittelfristig mit Missbilligung abstrafen.

Ein gewisses Talent kann nicht schaden, um das eigene Marketing zu lancieren. Wir sollten zudem offen für einen guten Rat und Tipps von Profis sein. Darüber hinaus ist nicht immer der Wille oder die Bereitschaft vorhanden, sich weiterzuentwickeln, über den Tellerrand hinauszuschauen. Bei allen Entscheidungen muss ein klares Kommunikationsziel bei professioneller Umsetzung Anwendung finden.

Vielen Dank für das Interview. Eine letzte Frage: Würden Sie Ihren Kunden das PreSales Marketing empfehlen?

Ja, mit entsprechender professioneller Hilfe!


Autor: Stefan Schütz
Foto: PDPics / pixabay

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