Chancen und Nutzen von Barcamps

Über Networking, Erwartungen und Insights

Barcamps sind in vielerlei Hinsicht ein tolles Format. Sie bieten zahlreiche Chancen und Nutzen für Unternehmen, Solopreneure, Freelancer, Start-ups und Blogger gleichermaßen. Einzige Voraussetzung: Eine gewisse Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Ansätzen und vermeintlichen Wettbewerbern. Denn bei Barcamps gibt es ausschließlich Gleichgesinnte, keine Hierarchien und jede Menge zu lernen – voneinander und miteinander. Im Fokus eines jeden Barcamps stehen das Teilen und Vermitteln von Wissen und Erfahrungen. Wie das funktioniert und welche Möglichkeiten ein Barcamp bietet, zeige ich mit diesem Beitrag.

Ohne Unwege zum Barcamp – Was ist das überhaupt?

Manchmal gehen Kommunikatoren unnötige Umwege. Machen sich das Leben folglich schwer. Suchen nach Lösungen in den eigenen Reihen und schotten sich mitunter gegenüber anderen Abteilungen, niedrigeren Hierarchie-Ebenen oder ebenbürtigen Wettbewerbern ab. Wer moderne Kommunikationsformen ablehnt, sein Wissen aus Angst vor Machtverlust nicht teilt und sich nervenaufreibend an Konkurrenz stört. Der ist bei Barcamps fehl am Platz oder besser gesagt umso willkommener.

Aus meiner Sicht als Networker und Content-Enthusiast ist es sogar unabdingbar eine Unkonferenz zu besuchen. Unverständlich? Und im vorherigen Zwischentitel ist ein Rechtschreibfehler vorhanden? Mit einer Definition von Barcamps kläre ich auf:

Ein Barcamp (BarCamp, Unkonferenz, Ad-hoc-Nicht-Konferenz) ist eine offene Tagung mit freien Workshop-Komponenten. BarCamps sind aus dem Bedürfnis heraus entstanden, dass sich Gleichgesinnte in einer entspannten Atmosphäre inhaltlich austauschen und im Rahmen von konstruktiven Diskussionen an Problemlösungen partizipieren. Die Inhalte und der Ablauf werden von den Teilnehmern zu Beginn der Veranstaltung eigenständig entwickelt und kurz gesagt im weiteren Verlauf gestaltet. Jeder, der etwas beizutragen hat oder sich in irgendeiner Form einbringt, ist willkommen und dazu angehalten mitzumachen.

Insofern ein äußerst vielschichtiges und kurzweiliges Event mit Diskussionen, Präsentationen und Interaktionen. Jedes Barcamp lebt von der aktiven Beteiligung der Teilnehmer und deren kreativen Input. Unter dem Strich eine schöne Plattform für Selbstkritik und Replikation. Der Name ist by the way eine Anspielung auf eine von Tim O’Reilly, Verlagsgründer und Softwareentwickler, initiierte Veranstaltungsreihe namens „FooCamp“. Dort trafen sich erstmals im Jahr 2005 ausgewählte Personen (Friends of O’Reilly) zum Ideenaustausch mitsamt Übernachtung respektive Camping.

Chancen und Nutzen – Was bringen dir Barcamps?

Bei Barcamps ist ein lockerer Umgangston geläufig. Im Mittelpunkt eines jeden Barcamps stehen der kommunikative Austausch und die gemeinschaftliche Unterstützung. Dadurch entfällt die von Konferenzen bekannte Trennung zwischen Publikum und Vortragenden. Das „Du“ erleichtert ferner den offenen Dialog.

Somit gibt es vor Ort keine Rangfolge, sämtliche Teilnehmer sind gleichgestellt. Egal, ob es sich um Geschäftsführer, leitende Mitarbeiter von Konzernen oder aus dem Mittelstand, Experten auf ihrem Gebiet, Berater von Agenturen oder Berufsanfänger handelt. Sämtlich aufkeimende Fragestellung zu einem bestimmten Thema oder einer Herausforderung sind kollektiv zu erörtern. Es gibt kein Richtig oder Falsch und im besten Falle eine Lösung, einen Impuls oder ein Ergebnis. Laien und Wissbegierige sind ein wichtiger Teil dieses intensiven Diskurses.

Lese-Tipp: Barcamps stellen für Unternehmen eine Weiterbildung mit Netzwerkchancen dar. Sie behandeln sowohl Fachthemen als auch sonstige Impulse, auf die du allein nicht kommst. Zudem triffst du auf jedem Barcamp garantiert Menschen, mit denen du sonst wenig Kontakt auf Augenhöhe hast.

Das insgesamt kompakte Format steht und fällt mit den sogenannten Sessions und die heterogenen Herausforderungen zu einem bestimmten Thema. Der eigene Blick auf die Dinge ist hierdurch geschärft und erweitert. Es entsteht in kürzester Zeit eine hohe, bisweilen steile Lernkurve. Die unterschiedlichen Teilnehmer mit verschiedenartigem Wissen und Erfahrungswert machen Barcamps abwechslungsreich, kurzweilig und erfolgreich. Hinzu kommt ein großes Vernetzungspotenzial. Nirgendwo anders kommst du in wenigen Stunden und aufgrund der begrenzten Teilnehmeranzahl so gut ins Gespräch, stößt auf neue Impulse und Kontakte.

Welche Erwartungen hast du an ein Barcamp?

Um die Erwartungshaltung zu schüren, gebe ich einige Insights zum Besten. Diese dienen als zusätzliche Motivation und Hilfestellung bei der Entscheidung an einer Unkonferenz teilzunehmen. Wenn die bisherigen Argumente verpufften.

Mein erstes BarCamp umfasste zwei Tage KrisenPRCamp in Köln. Ein Heimspiel, welches ich mir insoweit nicht entgehen lassen konnte. Na klar war ich aufgeregt. So geht es wohl allen „Neulingen“ von Barcamps. Was erwartet mich? Welche Anforderungen kommen auf mich zu? Inwieweit sind die eigenen Ansprüche zu erfüllen? Wie kleide ich mich?

Link-Tipp: In der Barcamp-Liste findest du eine Übersicht aller Barcamps und Themencamps, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz  stattfinden. Aufgelistet sind ausschließlich „klassische“ Barcamps mit einer Session-Planung am Veranstaltungsort. Events mit vordefinierten Speakern finden sich dort nicht. Ausnahmen stellen Barcamps mit einer Keynote als Impulsvortrag dar.

Am zweiten Tag konnte ich beobachten, ist das Nasen-Piercing wieder angelegt und das gebügelte Hemd durch T-Shirts ersetzt. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Seriöse Umgangsformen sind bei Barcamps an der Tagesordnung. Äußere Befindlichkeiten nehmen keinen Einfluss auf ohnehin höchstes Diskussionsniveau. Die Beteiligten setzen sich mit den Themen ernsthaft auseinander. Es handelt sich hier schließlich um eine Zusammenkunft wissbegieriger, intelligenter und ehrenwerter Persönlichkeiten. Sich wohlfühlen und authentisch sein ist angesagt! Ausnahmen bestätigen die Regeln und Übertreibung macht anschaulich…

Knapp die Hälfte der Teilnehmer wohnte zum ersten Mal einem Barcamp bei. Genauso verhielt es sich bei der prozentuellen Verteilung von Weiblein und Männlein. Von 20 bis geschätzten 60 Jahren war die Altersstruktur breit gefächert. Etwa 120 Personen aus der DACH-Region haben teilgenommen. 35 Sessions bildeten einen ungeahnten Facettenreichtum an Erfahrungen, Basics, Ideen, Rechtsgrundlagen, Cases, Planspielen, Theorien und Innovationen.

Exkurs: Barcamp mit Hamster-Zombies und Twitter-Verbot

Zur damaligen Zeit gab es die Blogparade „Nutzen von Barcamps“. Der Link hierzu und somit mein Beitrag existieren leider nicht mehr. Deshalb habe ich kurzerhand meine Antworten auf die drei im Rahmen der Blogparade gestellten Fragen modifiziert. Sie enthalten eine Zusammenfassung hinsichtlich meiner Erwartungshaltung an Barcamps. Soviel sei gesagt: Es hat unheimlich Spaß gemacht und es gab lustige Anekdoten zu erzählen.

Welches Barcamp war für dich das nützlichste?

Eigentlich gab es bislang nur eines, an dem ich teilgenommen habe. Wie die Jungfrau zum Kind bin ich an das Ticket zu meinem ersten Barcamp gekommen. Ein befreundeter Kollege war leider verhindert, so dass ich glücklicherweise seinen Platz einnehmen durfte. So kam ich für zwei Tage in den Genuss des KrisenPRCamps in Köln. Es war das erste Barcamp rund um Kommunikationskrisen und Kommunikation in der Krise. Meins auch und somit das nützlichste. Es war großartig!

Welche Session hat dir am meisten geholfen?

Sessions bei Barcamps: Whiteboard-Beispiel KrisenPRCamp (Stefan Schütz)

Ich habe an beiden Tagen jeweils fünf Sessions wahrgenommen. Von einer Session habe ich den Versuch einer Skizze für typische Szenarien der Krisen-PR mitgenommen. Daraus ist ein Artikel entstanden und vor allem der „CrisesCube“ – ein Modell zur Einschätzung und Bewältigung von Krisen.

Am meisten habe ich bei einer Session von einer Teilnehmerin vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) gelacht. In Anlehnung an das britische Fernseh-Format „Dead Set“ bat sie ZDFneo einst stellvertretend ein Statement zur möglichen Epidemie-Ausbreitung via Zombies abzugeben. Leider und aus mir unerklärlichen Gründen hat weder die Horror-Miniserie noch das entsprechende Interview größere Beachtung gefunden.

Zum Hintergrund: Vor einigen Jahren hüllte das Tief Daisy den Winter deutschlandweit in ein Schnee-, Sturm- und Verkehrschaos. Daraufhin riet das besagte BKK zu einer vorsorglichen Ausstattung mit Lebensmitteln, Medizin und Kerzen. Eine große deutsche Presseagentur machte aus der obligatorischen Pressemitteilung die Schlagzeile „Bundesamt rät zu Hamsterkäufen“.

Anschließend sprangen Trittbrettfahrer auf den vermeintlichen Story-Zug auf und die Nachricht verbreitete sich sinngemäß wie eine Feuertonne in kalten Tagen. Von den Medien nahezu aufgefordert, schickten besorgte oder besser wortakrobatische Menschen aus der Bevölkerung kreative Geschenke. Diese reichten von Kuscheltieren über Hamsterbücher bis hin zu Futterrationen.

Heute würden zuständige Kommunikatoren den Hamster vermutlich zum Maskottchen krönen und ein ernstes Thema dieser verstaubten und weitestgehend unbekannten Behörde unters Volk bringen – so zumindest der einheitliche Tenor beim Barcamp. Immerhin entstand dadurch der Mythos von „Hamster-Zombies“!

In allen Sessions wurde Tacheles geredet und durchaus Exquisites berichtet. Was dieses Barcamp, aus verlässlichen Kreisen bestätigt, von anderen deutlich unterschieden hat. Sobald äußerst sensible Hintergrundgespräche oder Vertrauliches zu Tage kamen, wurde stets auf ein Twitter-Verbot verwiesen. Der unausgesprochene Ehrenkodex verbietet es, über das Gesprochene zu viele Worte zu verlieren. Allzu gerne halte ich mich daran und nehme mein Wissen mit ins Grab. Bis auf die hier geschilderten und größtenteils anonymisierten Ereignisse.

Auf welches Barcamp gehst du als nächstes?

Die Auswahl ist groß, wie der Link-Tipp oben zeigt. Nicht immer verbirgt sich jedoch hinter einem vermeintlich spannenden Thema auch das nutzbringendste Teilnehmerfeld. Es gilt somit abzuwägen zwischen Reisestrapazen und persönlichem Mehrwert. Sicherlich spielen ferner die Kosten eine Rolle.

Für mich ist das KrisenPRCamp jedenfalls kaum zu toppen. Hieraus ist ein belastbares Netzwerk entstanden. Darüber hinaus gab es viel Resonanz. Insgesamt habe ich bis zum Ende der Veranstaltung weit mehr als 2.000 Tweets gezählt. Mein Blog PR Stunt fand ebenfalls Beachtung. In der Zwischenzeit sind zudem viele Nachrichten hinzugekommen, da das durchweg positive Echo Eingang in diverse lesenswerte Rückblicke gefunden hat.

Speis und Trank gab es im Überfluss. Heiße und kalte Getränke, FCKW-Drinks (Fanta, Cola, Kölsch, Wasser) und mit SÜNNER Dry Gin No 260 ein dreifach destilliertes Geschmackserlebnis. Kultige Nutella-Brötchen und warme Verköstigungen galt es ebenso zu verzehren. In Zahlen oder anders ausgedrückt: 250 Frikadellen, zwei verschiedene Spaghetti-Saucen und mindestens genauso viele Bierkästen, einige hundert Brötchenhälften, geschätzte 300 Liter Softdrinks und fünf Flaschen Gin für einen wunderbaren Netzwerk-Freitagabend.

Nach dieser Steilvorlage freue ich mich umso mehr auf die „Blog4Business“, die erste Unkonferenz für professionelles Bloggen. Dieses selbsternannte KonferenzCamp wartet mit vollem Programm, namenhaften Speakern, spannenden Praxisbeispielen und leckerem Catering auf. Im Vorfeld des Events habe ich mich mit der Taktgeberin Daniela Sprung unterhalten. Interessierte erhalten mit dem folgenden Podcast weitere Einblicke hinter die Kulissen sowie Hinweise zu Chancen und Nutzen von Barcamps.

 

Lobhudelei-Tipp: Der geschätzte PR-Kollege Nicolas Scheidtweiler war damals leider verhindert und schenkte mir sein Ticket, so dass ich seinen Platz einnehmen durfte. Im Anschluss an das erste Barcamp rund um Krisenkommunikation, bat er mich um Interview. Wir sprachen über die Inhalte der von mir besuchten Sessions, die Rolle von Online-PR und Social Media sowie den fachlichen Umgang mit Krisen.

Fazit: Barcamps sind mitnichten unspektakulär!

Stell dich darauf ein, dich mit anderen Barcampern auszutauschen. Wenn du zu einer Ad-hoc-Nicht-Konferenz gehst, sei bereit, deine Erfahrungen mit dem Rest der Welt zu teilen. Barcamps leben vom Miteinander und somit von den Beteiligten respektive deren aktive Beteiligung. Sei nicht ungeduldig, sondern aufmerksam. Du kannst nicht zwingend Lösungsansätze für deine persönlichen Probleme erwarten. Aber alles dafür tun, mit einer eigenen Session oder positiven Networking-Gedanken den Weg zu bereiten.

Überlege dir im Vorfeld, welche Erwartungen du an die Unkonferenz stellst. Wen oder was es kennenzulernen gilt oder wie deine Sessions aussieht. Letztgenannte kann aus einer Diskussion, einem Vortrag oder einer Ideenskizze bestehen. Vielleicht beinhaltet deine Session eine offenen Fragestellung oder das Ausprobieren neuer Techniken. Alles kann, nichts muss. Vergiss nicht, dass du kein Zuschauer, sondern Teilnehmer bist. Bei Barcamps geht es um das Teilen von Wissen, Ideen und Meinungen. Es gibt nicht den richtigen Weg oder die eine Herangehensweise.

Ich beende diesen Blogpost mit der traditionellen Vorstellungsrunde auf Barcamps: Meine drei Hashtags sind #contententhusiast, #wissbegieriger und #lebenslanggruenweiss.

Mit welchen drei Hashtags würdest du dich auf einem Barcamp beschreiben? Hast du bereits an einer Unkonferenz teilgenommen? Welche Nutzenerwartung hast du an einer Teilnahme von Veranstaltungen?

Autor: Stefan Schütz
Foto: geralt / pixabay.com

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8 Kommentare zu „Chancen und Nutzen von Barcamps“

    1. Barcamps sind wirklich klasse! Ein tolles Format, welches jeder nach seinen Vorstellungen mitgestalten kann. Mal schauen, wie sich das Networking nach diesen herausfordernden Zeiten verändert. Erste virtuelle Barcamps und ähnliche Events gibt es ja bereits…

    1. Hallo Oliver,

      ich habe die Grafik mit „easel.ly“ selbst erstellt – dafür habe ich die lizenzfreie Basisversion genutzt. Deshalb auch die geringere Auflösung. Meines Wissens ist die Nutzung und das Teilen kostenlos, gestattet und erwünscht!

      Also meinen Segen hast du 😉 Ein weiterer Vermerk ist demnach aus meiner Sicht nicht notwendig – feel free.

      VG
      Stefan

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