Der Content und der Esel

Die Legende vom digitalen Zugvogel

Mein Sohnemann ist just vier Jahre alt geworden. Natürlich eifert er den großen Jungs im Kindergarten nach. Mädchen spielen auch schon eine Rolle. Ein Beuteschema ist jedenfalls zu erkennen. Mama ist unendlich wichtig – Papa (derzeit eher die Nr. 2) ebenso. Opas mit fahrbaren Untersätzen wie Rasenmäher oder Motorräder leben wohl seinen Traum. Onkel, Tante, Cousine. Hund, Katze, Maus. Vorbilder sind wichtig. Für ihn, für dich, für mich. In der realen und in der digitalen Welt.

Marketer und PRler, die hatten einen Streit

In diesem Jahr hat die Diskussion um Content Marketing meines Erachtens ihren Höhepunkt erreicht. Kritikern sei an dieser Stelle gesagt, dass ich mir die Steigerungsform „absoluten Höhepunkt“ bewusst aufgespart habe. Denn ich möchte nicht behaupten, dass es von nun an bergab geht.

Vielmehr meine ich die Tiefgründigkeit des Anstoßes. Die unterschiedlichen Gewerke streiten nicht mehr so viel um die Hoheit über das Content Marketing. Einige Beispiele zeigen, dass es nur gemeinsam geht – und dann sehr gut.

Außerdem werden Fragen zu Strategien, zu Kampagnen und zu Tools gestellt. Es finden Gespräche jenseits der ursprünglichen Floskeln statt. Auf Augenhöhe wird diskutiert, angeregt und vergrault.

So lasse ich mich zu einer sagenumwobenen These hinreißen. Jetzt bitte festhalten, anschnallen oder einfach hinsetzen: Content Marketing ist im Mainstream der digitalen Kommunikation angekommen!

Wer hätte das gedacht. Angekommen muss allerdings nicht zwangsläufig integriert, verstanden und gelebt heißen. Der Anfang ist jedoch gemacht. Im nächsten Jahr werden weitere Fragen auftauchen und entsprechende Antworten gegeben. Da bin ich mir sicher.

Aber woher beziehe ich bisweilen und bis dahin meine Informationen? Diese Art von Informationen, die mir einen Mehrwert bieten? Wem kann ich bildlich gesprochen vertrauen? Muss ich nahezu jedem Trend hinterherlaufen? Gibt es sogar einen digitalen Zugvogel für mich?

Was es in jedem Falle gibt, sind unzählige Quellen, an denen man sich beim Löschen des eigenen Wissensdurstes bedienen kann. Darüber hinaus gilt: wer im Social Web nicht in der Informationsflut untergehen will und ohnehin nur wenig Zeit hat, benötigt Orientierung.

Hierbei muss man abwägen und loslassen können. Was gar nicht so einfach ist.

Zum einen muss man sich auf Kommentare, Referenzen und Empfehlungen verlassen können. Zum anderen sich von vielleicht ehemals wichtigen Persönlichkeiten oder virtuellen Netzwerkpartnern trennen. Wenn die Chemie nicht mehr passt oder schlichtweg die Beiträge einen nicht mehr umhauen.

Aus den zuvor genannten Gründen stellt sich mir die Frage nach dem „Wem“. Wem soll ich folgen und wem nicht?

Einer ist immer der Loser, einer muss immer herausstechen

Scheinbar stellt sich diese Frage nicht nur mir. Klaus Eck, seines Zeichens Geschäftsführer der Eck Consulting Group sowie (auch wenn er das vielleicht nicht gerne hören mag) Blogger und Influencer, hat hierzu eine Blogparade ausgerufen: „Wer ist Ihr digitaler #Zugvogel?„.

Dazu möchte ich mit diesem Blogpost Stellung nehmen. Gerne würde ich zeigen, dass jeder seines Glückes Schmied ist. Dass der Begriff Zugvogel, auch im Zusammenhang mit digital, hier in die Irre führt und meines Erachtens nicht korrekt angewandt wird.

Denn eigentlich muss man die zuvor formulierte (nennen wir sie) „Wem-Frage“ weiter differenzieren. Wo doch die „lässt du mich vor, lasse ich dich vor“- respektive „ich folge zurück“-Mentalität echt 80er ist. Entschuldigung, im Grunde sogar 70er. Sangen doch Genesis einst schon von Follow you, follow me.

Spaß beiseite. Obwohl Humor ja eine wichtige Bedeutung hat. Anders kann ich mir dieses Phänomen sonst nicht erklären: ohne sich abzusprechen, haben Kerstin Hoffmann und Andreas Quinkert nämlich das Thema Humor in Blogs beziehungsweise im Content Marketing zeitgleich aufgriffen und wunderbar verarbeitet.

Man könnte in diesem Zusammenhang fast von Trendsetting sprechen. Kann man das so sagen? Vorbildliches Verhalten kann man allemal sagen. Wurde doch ein vermeintliches und in diesem Kontext neueres Thema den entsprechenden Zielgruppen fundiert und auf individuelle Weise näher gebracht. Saubere Arbeit!

Junge, komm bald wieder, bald wieder nach Haus‘

Ich tue mich ehrlich gesagt unheimlich schwer damit, einen einzigen digitalen Zugvogel zu benennen. Eine Person, die mich geprägt hat. Jemand, der uneigennützig Einfluss auf mich und meine Arbeit nimmt. Derjenige, welcher mir stets ein treuer Begleiter war und ist.

Das liegt daran, dass ich zum Beispiel von Bloggern erwarte, sich weiterzuentwickeln oder zumindest einen Willen in diese Richtung erkennen lassen. Um im Bild zu bleiben:

Ich möchte gar nicht immer ungefähr zur selben Zeit und unabhängig von klimatischen Bedingungen (Trends und Entwicklungen) etwa gleichbleibende Routen (Schreibstile und Themen) zu Gemüte geführt bekommen. Gleichwohl mag ich den Tanz auf verschiedenen Jahreszeiten (Ansätze und Blickwinkel) an unterschiedlichen Orten (Kanäle und Gewerke).

Habt ihr gewusst, dass es durchaus Unterschiede bei Bloggern und Zugvögeln gleichermaßen gibt? Dass sowohl ein Kuckuck als auch eine Nachtigall zu ihnen zählen?

Wenn ihr es jetzt wisst (oder mir einfach Glauben schenken mögt), dann achtet doch beim nächsten Blick in den Blogpost eures Vertrauens ganz genau auf stilistische Details: Ist zum Beispiel ein Datum angegeben oder könnte es sich um eine Artikel-Kuh handeln, also um einen Wiederkäuer? Wurden Zitate oder Textpassagen Dritter entsprechend ausgewiesen oder als eigene Ideen verkauft? Entspricht der gelieferte Inhalt den Erwartungen oder konnte die Headline das Versprochene dann doch nicht einhalten? War das bei diesem Blogger schon immer so oder konnte er dich überraschen?

Klingt alles irgendwie so negativ. Dabei geht es hier doch um Zugpferde Zugvögel. Du bist die Musik!

Will sagen: entwickelt euren eigenen Schreibstil, deckt im Zweifel eine Nische ab, orientiert euch an Leuchttürmen der jeweiligen Branche, ohne ihnen verfallen zu sein.

Baut euch ein belastbares Netzwerk auf, schaut über den Tellerrand und die Filterblase hinaus. Wertschätzung heißt das Zauberwort. Und dann habt ihr bald eine wunderbare Blogroll, einen prall gefüllten Newsfeed und eine mit durchweg interessanten Posts gespickte Timeline

Abschließen möchte ich, wie ich angefangen habe. Mit der Familie. Demnach ist mein persönlicher digitaler Zugvogel mein Bruder. Er hat dieses Blog für mich aus der Taufe gehoben und mir damals einen ordentlichen verbalen Arschtritt verpasst.

Meine Bank, mein Ruhepol, mein Zugvogel ist jedoch meine Freundin. Bei ihr möchte ich mit Verlaub die eingangs erwähnte (und eigentlich für Content Marketing vorbehaltene) Steigerungsform „absolut“ nutzen. Sie weiß nämlich, wie man mir einen absolut ordentlichen Arschtritt verpasst 😉

Neben persönlichen Freunden gehören zu unseren Fixpunkten oftmals digitale oder analoge Vorreiter, die unsere jeweilige Branche prägen. Sie sind manchmal geniale Storyteller, beeindrucken uns mit ihrem Know-how und Weitblick. Sie scheinen den richtigen Weg zu gehen und nehmen uns mit. Wie eine Art Zugvogel ziehen sie voraus und ebnen uns gedanklich den Weg.
Klaus Eck für PR-Blogger im Rahmen einer Blogparade

Erst neulich habe ich bereits unter Beweis gestellt, dass ich was von Vögeln verstehe. Zeitlich weit vor diesem Beitrag. Aber was ist mit dir?

Wer ist dein Zugvogel im Social Web? Wer ist aus deiner Sicht für die tägliche Dosis Timeline unverzichtbar? Wer war wohl dein erster Favorit und später sogar Follower?

Autor: Stefan Schütz /
Foto: Michael Ottersbach / pixelio.de

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