Corporate Blogging im Konjunktiv:
Woran KMU bei ihren Blogs scheitern können

Stellen wir uns folgende Situation vor: es kommt die einmalige Chance auf einen zu, das Hobby zum Beruf zu machen. Der Arbeitgeber entdeckt Corporate Blogging für sich oder einen Kunden. In den letzten Jahren gelang in puncto Public Relations, Content-Marketing und Social Media der Sprung ins Web. Und dank guter Arbeit sogar mit doppeltem Boden.

Das Grundrauschen der Öffentlichkeitsarbeit ist mehr als solide, die klassische Pressearbeit ebenso und die zu kolportierenden Inhalte sind dankbar. Zudem hat sich die zu betreuende Brand längst etabliert und kann durchaus den Effekt einer Marken-Identifikation ihr Eigen nennen. Die Zielgruppe ist natürlich abgesteckt und involviert. Es gibt eine große Fanbase und begeisterte Community. Ein etwaiges Krisenpotential hält sich in überschaubaren Grenzen…

Corporate Blogging scheint noch nicht etabliert

Wo ist der Haken beim beschriebenen Szenario? Nun ja, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen unterschätzen die Wirkung von Corporate Blogs. Und vor allem den Aufwand, um effizientes Corporate Blogging zu betreiben. Damit die Eingangsstory dennoch kein Wunschdenken bleibt, pimpe ich diesen alten Blogbeitrag im Rahmen von #MyFirstContent* auf. Denn auch zig Jahre nach der Blogparade „Content-Marketing und Corporate Blogs“ von PR-Blogger, bleibt das Image von Corporate Blogs nichtsdestoweniger ramponiert.

Leider zeigt die Praxis oftmals, dass nur wenige Leser Interesse an den Inhalten der Corporate Blogs haben. Sie gelten als viel zu langweilig. Daran sind die Unternehmen in der Regel selbst schuld, die sich zu wenig um Inhalte und ihr eigenes Agenda-Setting kümmern. (Klaus Eck)

Zumal der Anspruch an nutzenstiftende Inhalte erheblich zunimmt. Schließlich gibt es zu viel Auswahl an Content und zu wenig Zeit für dessen Konsum. Das stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Wie bleiben sie visibel, ohne die Ziele aus den Augen zu verlieren? In Bezug zum Corporate Blogging bedeutet das ein Abwägen zwischen Ressourcen-Einsatz und Return on Investment.

Die Fragen nach der kundenspezifischen Ausrichtung (Stichwort: Customer Centricity) oder inhaltsgetriebenen Kommunikationsformen stellen sich hingegen nicht. Corporate Blogs sind kein Selbstzweck und es sprechen viele gute Gründe dafür. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass es einer Content-Strategie und geeignete Mitstreiter bedarf. Und darum geht es im hiesigen Blogbeitrag.

Corporate Blogging bedarf einer Content-Strategie

Corporate Blogs bieten viele Vorteile für die Unternehmenskommunikation – vorausgesetzt es gibt eine Content-Strategie. Hat Corporate Blogging einen hohen Stellenwert bei der internen und externen Kommunikation inne, lassen sich Sichtbarkeit und Reputation erhöhen. Andernfalls scheitert dieses Vorhaben bevor es richtig losging. Doch denken wir positiv und gehen Corporate Blogging strategisch an.

Zu diesem Zweck empfehle ich zunächst eine schlanke Herangehensweise, auf Neudeutsch Lean Content Marketing. Deshalb gibt es von mir fünf einfache Schritte samt Takeaways, die wirklich jedes Unternehmen umsetzen und beherzigen kann.

Nutzer

Inhaltsgetriebene Maßnahmen bilden die Basis, um die entsprechenden Zielgruppen mit relevanten Informationen abzuholen. Dabei spielen unter anderem der Sprachgebrauch und die Tonalität eine wichtige Rolle, also eine maßgeschneiderte Anrede. Denken wir beispielsweise an „Du“ oder „Sie“ oder ans Gendering. Für die Corporate Blogger bedeutet das ein besonderes Gespür für die Nutzer zu entwickeln.

Takeaway: Verbände, Konzerne und Medien tun es – immer mehr, auf allen Kanälen, mündlich und schriftlich. Sie nutzen eine genderneutralen Sprache. Mitunter zeigt Kerstin Boll für dieses sensible Thema Lösungen auf.

Ziele

Aus dem Content-Marketing kennen wir diverse Ziele, die sich auf Corporate Blogging übertragen lassen. Als da wären exemplarisch:

  • Aufmerksamkeit erzielen
  • Leads generieren
  • Markenbekanntheit steigern
  • Reputation aufbauen
  • Vertrauen schaffen

Weitere strategische und taktische Ziele für das Corporate Blog gibt es auf jeden Fall bei webpixelkonsum in einer Infografik.

Corporate Blogging: strategische und taktische Ziele (Ralph Scholze / webpixelkonsum)

Ein Corporate Blog kann die gesteckten Ziele nur erfüllen, wenn er relevante Inhalte bietet. Es geht hier also nicht um Eigenwerbung oder ein digitales Pressecenter für Unternehmensneuheiten. Als relevant gilt, was die Nutzergruppe sucht. Oberste Zielsetzung sollte daher sein, eine nützliche Quelle und erste Anlaufstelle darzustellen.

Takeaway: Ziele von Zielbar, schöner könnte ich es mir nicht ausmalen. Mein geschätzter Kollege Marc Ostermann hat acht an der Zahl für KMU zusammengetragen und mit Key Performance Indicators (kurz: KPI) untermauert.

Inhalte

Beim Corporate Blogging stehen die Leitidee, Stories und Protagonisten des Unternehmens vor der Formatentwicklung. Kurzum: Mittels Content-Marketing gelingt der entscheidende Schritt aus dem Schatten des Wettbewerbs.

Oberstes Gebot sind stets sinnstiftende und transparente Inhalte. Diese stärken das Vertrauen in die Marke und schaffen die notwendigen Voraussetzungen für nachgelagerte wirtschaftliche Prozesse. Vergessen wir nicht, dass hochwertige Inhalte auch die Wahrnehmung und Auffindbarkeit begünstigen.

Authentische Inhalte im Dauerfeuer-Modus über einen kontinuierlichen Zeitraum hinweg, sorgen für eine positive Resonanz. Ein Corporate Blog ist bestenfalls ein Ort, an dem die User relevante Vielseitigkeit erleben.
(Stefan Schütz)

Außerdem verrät ein gutes Corporate Blog auch immer etwas von der Kultur eines Unternehmens. Authentischer und in erster Linie relevanter Content spielt dabei eine entscheidende Rolle. Was gibt das Unternehmen von sich preis? Wer schreibt die Artikel? Wie viel nehme ich als User mit?

Takeaway: Einen schnellen Qualitätscheck eigener Inhalte ermöglicht die Content-Ampel von Dr. Kerstin Hoffmann. Sie ist für sämtlichen Content sowohl branchen- als auch kanalübergreifend anwendbar.

Content-Ampel: Qualitätscheck für Inhalte (Dr. Kerstin Hoffmann / PR-Doktor)

Optionen

Corporate Blogs unterscheiden sich nach der Art ihrer Funktion und der Zielgruppe. Dabei müssen Unternehmen zwischen „wie möchte ich wirken“ und „wie werde ich wahrgenommen“ differenzieren. Wichtig ist für mich, dass die Nutzer prinzipiell die Möglichkeit besitzen, die Blogbeiträge zu kommentieren, zu teilen oder zu bewerten.

Beispiele für typische Corporate-Blogging-Genres:

  • CRS-Blog
  • Kampagnen-Blog
  • Marken-Blog
  • Produkt-Blog
  • Service-Blog
  • Themen-Blog
  • Wissen-Blog

Es gibt meines Erachtens kaum Corporate Blogs, die einem bestimmten Genre zuzuordnen sind. Vielmehr sind es Mischformen, denen ich begegne. Kein Wunder, schließlich verfolgt jedes Blog unterschiedliche Ziele. Spätestens jetzt sollte jedoch klar sein, dass die einzelnen Strategie-Bausteine ineinandergreifen.

Takeaway: Melanie Tamblé gibt bei Blog2Social wertvolle Tipps und Tricks für erfolgreiches Blogging. Zudem finden Entscheider von KMU dort Checklisten, Tools und Insights für die Umsetzung.

Analysen

Apropos Umsetzung: Gemäß der Zielgruppenanalyse und KPI-Bestimmung gebietet es sich, die Performance der Inhalte auszuwerten. Für die fortlaufende Optimierung der Content-Strategie des Unternehmensblog ist das unabdingbar. Die Mühen zur Erstellung und Distribution vermeintlich passgenauer Inhalte ist sonst für die Katz. Was nützt der ganze Aufwand, wenn am Ende des Tages niemand davon Gebrauch macht.

Exemplarische Indikatoren für Corporate Blogs:

  • Besucher-Anzahl
  • Verweildauer/Lesezeit
  • Kommentare/Interaktion
  • Keyword-Rankings
  • Backlinks/Erwähnungen

Jede Kennzahl lässt sich weiter runterbrechen. Die Besucher sind in absoluten Zahlen zu messen oder nach der Anzahl neuer Besucher gegenüber wiederkehrenden Besuchern zu unterscheiden. Erwähnungen auf anderen Plattformen oder in Social Networks können positiv wie negativ ausgeprägt sein. Genauso verhält es sich mit Kommentaren im Blog.

Takeaway: Sistrix hat in einer Studie die laut Blogger-Relevanzindex erfolgreichsten Corporate Blogs im deutschsprachigen Raum untersucht. Eine interessante Analyse zur Suchintention, Content-Lebensdauer und Aktualisierung von Blogbeiträgen.

Corporate-Blogging-Checkliste für den Einstieg

Mein Bild von Corporate Communications und insbesondere Unternehmensblogs wandelt sich stark. Das liegt zum einen an meinen persönlichen Erfahrungen und zum anderen an den zahlreichen positiven Benchmarks aus der Blogosphäre. Content-Marketing ist weiterhin auf dem Vormarsch und bricht verkalkte Strukturen wie Silos in der Kommunikation auf.

In Anlehnung an das Buch „Corporate Blogs – Praxistipps für Strategie, Inhalt und Ziele“ von Meike Leopold entstand folgende Infografik. Hiermit erkläre ich die wesentlichen Schritte zum eigenen Corporate Blog. Zugleich dient sie als Checkliste für den smarten Einstieg sowie als Mutmacher für KMU. No Fear!

Corporate Blogging bedarf einer Content-Strategie (Stefan Schütz / PR Stunt)

Bevor ich abschließend auf die benötigten Skills von Corporate Blogger eingehe, die einzelnen Schritte nochmal im Schnelldurchlauf…

Schritt für Schritt zum professionellen Corporate Blog:

  1. Ressourcen- und Kostenplan aufstellen
  2. Zustimmung der Entscheider einholen
  3. Verantwortliche bestimmen und Mitstreiter finden
  4. Kommunikationsstrategie samt Ziele entwickeln
  5. Namen suchen und Genre festlegen
  6. Spielregeln und Guidelines publizieren
  7. Informationen sammeln und Inhalte erstellen
  8. Networking und Blogger Relations betreiben
  9. Voraussetzungen für Design und Technik schaffen
  10. Monitoring und Erfolgsmessung optimieren

Corporate Blogger dringend gesucht

Die Deutsche Telekom beschäftigt rund 150 Corporate Influencer und unterhält ein eigenes Social Media Business. Im gleichnamigen Corporate Blog können die User insgesamt 24 Blogger beziehungsweise Markenbotschafter identifizieren. Klar, diesen Luxus kann sich kaum ein Unternehmen leisten. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen stellen keine Corporate Blogger in Vollzeit ein. Doch deutet dieses Best Practice auf einen zunehmend hohen Stellenwert von Corporate Blogging hin. Denn auch der Konzern fing beim Corporate Blogging klein an.

Strategische Zielsetzung Telekom-Botschafter (Deutsche Telekom)

Mein Tipp für KMU: intrinsisch motivierte Mitarbeiter aus dem Unternehmen als Teilzeitredakteure für das Corporate Blog rekrutieren. Dafür eignen sich vor allem Mitarbeiter aus der Unternehmenskommunikation und dem Marketing. Daneben gilt es die Fachabteilungen und gegebenenfalls das Personalmanagement zu involvieren. Nur so lässt sich die Content-Qualität konstant hochhalten.

Die Aufgaben eines Corporate Blogger sind vielfältig:

  • Bedarfsermittlung
  • Recherche
  • Planung
  • Textarbeit
  • Bildbearbeitung
  • SEO-Optimierung
  • CMS-Pflege
  • Korrektur
  • Distribution
  • Monitoring

Klare Prozesse, Verantwortlichkeiten und Strukturen sorgen für einen reibungslosen Ablauf bei gleichbleibend hoher Qualität. Aus diesem Grund könnte die Umsetzung einer smarten Content-Strategie so aussehen:

Infografik Content-Workflow: Verschiedene Phasen der Content-Planung (lean-content-marketing.com)

Zugleich sind die finanziellen und zeitlichen Ressourcen zu definieren. Es gilt anders formuliert festzulegen, wer für was, mit welchem Aufwand bis wann zuständig ist. Und diese Aufgaben kurz gesagt verbindlich in den Arbeitsalltag der Beteiligten zu integrieren.

Fazit: Corporate Blogging entwickelt sich positiv

Vom ursprünglichen Beitrag ist kaum etwas übrig. Bei der damaligen Recherche fiel das Suchergebnis nach außergewöhnlichen, kreativen und inhaltsgetriebenen Corporate Blogs ernüchternd aus. Deshalb möchte ich heute von einer positiven Entwicklung sprechen. Aus „hättste, wennste, könnste“ wurde „Machen ist wie Wollen, nur krasser.“ Die angedachten Best Practices von Corporate Blogs in Deutschland lieferte ich jedenfalls nach. Ungeachtet dessen, freue ich mich über weitere Vorschläge und Diskussionen.

Wenn der Dativ dem Genitiv sein Tod ist, dann könnte der Konjunktiv dem Corporate Blog sein Denkanstoß sein.

*In regelmäßigen Abständen aktualisiere ich meine uralten Blogposts. Ich nenne das #MyFirstContent, da meine Anfänge als Blogger nicht mit meinen heutigen Fähigkeiten und Ansprüchen in Einklang stehen. Wie andere zum Corporate Blogging kamen, können Interessierte unter „Wie alles mit dem Bloggen begann“ nachlesen.


Autor: Stefan Schütz
Foto: LoggaWiggler / pixabay

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5 Kommentare zu „Corporate-Blogging-Checkliste“

  1. Der Beitrag ist wirklich interessant und das Thema ist für mich wirklich neu. Corporate Blogging scheint Zukunft zu haben und ist ein wichtiger Baustein des Contents. Ich danke dir Stefan für diesen spannenden Artikel.

  2. Pingback: Corporate Blog: Auch mit geringen Ressourcen machbar - blog'n'relationsblog'n'relations

  3. Corporate Blogs haben durchaus noch ein Akzeptanzproblem seitens der Unternehmen, die die Wichtigkeit nicht erkennen (wollen) – da stimme ich zu. Die andere, hier ebenfalls angerissene Seite ist, dass den meisten Unternehmen innerhalb kürzester Zeit die Themen ausgehen. Grund: Selbstüberschätzung („kein Problem, mir fallen hunderte Themen ein“), Mangel an Zeiteinsatz und Mangel an Finanzierung (für Personal im weitesten Sinne). Habe mir vor einiger Zeit dazu auch mal Gedanken gemacht … vielleicht ja als kleine Ergänzung: http://www.profi-news.de/textblog/design/content-marketing-macht-es-sinn-weiterhin-einen-unternehmens-blog-zu-pflegen/

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