Würde ich für Web-Content zahlen?

Ja klar, äh nein, ich mein Jein!

Seit Jahren stemmt sich die gesamte Zeitungsbranche gegen die anhaltende Krise und versucht sich in irgendeiner Form neu zu erfinden. Infolge diverser Pleiten renommierter Titel, sind seitens der Verlage einige Anstrengungen zum Entgegenwirken unternommen worden. Aber die wirtschaftliche Lage hat sich aufgrund sinkender Anzeigeneinnahmen, zurückgehender Auflagen und zunehmend fernbleibender Leser kaum bis gar nicht verbessert. Jetzt soll es also die Bezahlschranke (Neudeutsch: Paid Content) richten. Bereits mehr als 70 Zeitungen in Deutschland versehen mittlerweile ihre Inhalte online mit selbiger – Tendenz steigend.

In den USA ist das Printgenre (erneut oder einfach auch bei dieser Thematik) etwas weiter. Die New York Times als Aushängeschild hat beispielsweise ihren Internetauftritt Anfang 2014 reformiert: Navigation bei Bedarf, horizontales Blättern, Anzeigen in Gestalt von Artikeln – Stichwort Native Advertising. Übrigens die erste Neugestaltung seit dem Jahr 2006 und zugleich wohl die vermeintlich letzte ihrer Art.

In dieser Woche wurde nun ein neues Angebot für Paid Content gelauncht. Mit „NYT Opinion“ können Abonnenten für sechs Dollar vier Wochen lang auf ausgewählte Inhalte zugreifen. Dieses Pay-Modell ist das bislang günstigste Angebot der New York Times. Das teuerste kostet 45 Dollar und gewährt Zugriff auf alle Inhalte der Website, den Smartphone- und Tablet-Apps sowie weitere Gimmicks wie die Berechtigung für das Archiv oder die Nutzungsteilung mit bis zu zwei Familienmitgliedern.

Print-Abonnenten erhalten automatisch Zugang zu allen digitalen Inhalten. Für Leser, die kein Abonnement abschließen, stehen auf der Metered Paywall monatlich zehn Artikel kostenfrei zu Verfügung – sowohl online als auch über die Apps. Nach einer Registrierung werden die User fortlaufend über die Anzahl der verbleibenden Beiträge informiert. „Hybrid“ heißt demnach das Zauberwort, ein Amalgam alter und neuer Techniken, eine Kombination aus Print- und Online-Ausgaben.

Soll ich’s wirklich machen oder lass ich’s lieber sein?

Gemäß der oben genannten Herangehensweise und mit Blick auf mein reales Leben, zahle ich schon für Content: ich habe nämlich tatsächlich ein Tageszeitungs-Abo. Gut, jetzt kann man natürlich über deren Inhalte diskutieren – aber de facto bin ich bereit, für Informationen Geld in die Hand zu nehmen. Zumal die einzige Zeitung in Deutschland, die mit Paid Content Gewinne erzielt, nicht gerade für Qualitätsjournalismus bekannt ist.

Darüber hinaus investiere ich recht viel Zeit in die Sichtung von (rein subjektiv interessanten) Blogs, Social Media und sonstigen Websites. Vermutlich würde ich einfach weniger oder anders lesen, wenn ich für die Inhalte zahlen müsste. Mir würde sicher der Facettenreichtum fehlen. Vielleicht wäre das aber auch die Möglichkeit einer Neujustierung, Umorientierung und Auslese.

Ein Viertel aller Internetnutzer in Deutschland geben laut BITKOM bereits Geld für journalistische Inhalte aus. Mit einem Anteil von 31 Prozent werden kostenpflichtige redaktionelle Angebote am stärksten von den 30- bis 49-Jährigen genutzt. Insgesamt 17 Prozent zahlen eine monatliche Pauschale in Form eines Abos. Die Nutzer lassen sich das nach eigenen Angaben im Schnitt 13,60 Euro pro Monat kosten.

Kostenpflichtiger redaktioneller Content

 

I’m going to make him an offer he can’t refuse. The Godfather

Bei der Blogparade „Würdest Du Geld für Web Content wie deinen eigenen bezahlen?“ werden unter anderem kostenpflichtige Blogartikel erwogen – sogar von Monetisierung ist die Rede. Da mein Blog pr-stunt.de noch relativ jung ist, sehe ich jedoch von Paid Content ab 😉

Nach den Ergebnissen der erwähnten Umfrage haben Bezahlmodelle für spezialisierte Online-Nachrichten, Reportagen, Interviews oder Kommentare durchaus ihr Potenzial. Denn fast ein Drittel derjenigen, die noch kein Geld für journalistische Inhalte ausgeben, erklären sich dazu grundsätzlich bereit.

So möchte ich zum Abschluss ein wenig wirtschaftswissenschaftlich an die Problematik herangehen: mit dem Prohibitivpreis! Unter dem Prohibitivpreis versteht man im übertragenden Sinne den Preis, bei dem die Leser nicht mehr gewillt oder in der Lage sind, auch nur einen Post des betreffenden Blogs zu kaufen. Wie hoch dieser letztendlich liegt, kann jeder individuell errechnen – oder in einer ruhigen Minute für sich bestimmen…


Autor: Stefan Schütz / 
Foto: norbert leipold / pixelio.de

8 Kommentare zu „Würde ich für Web-Content zahlen?“

  1. Ich habe noch nie Geld ausgegeben um im Internet irgend ein journalistisches Angebot zu nutzen. Was aktuelle Nachrichten betrifft, bekommt man doch alles, was man lesen möchte, umsonst präsentiert. Ich käme nie auf die Idee, ein Abo für eine Online-Zeitung abzuschließen, es würde mich auch sehr interessieren, welche Beweggründe Menschen haben, die sowas machen. Wird eigentlich trotzdem Werbung bei solchen Abo-Inhalten angezeigt?

    Gruß,
    Paul

    1. Hallo Paul,

      das genau ist ja die Crux, mit der die Verlage (aber letztendlich auch alle anderen) zu kämpfen haben: Wie (er)schaffe ich Content, den der Nutzer „unbedingt“ haben respektive lesen will – und natürlich dann auch im zweiten Schritt bereit wäre, dafür zu zahlen?!
      Gehen wir kurz weg von reinen Onlineportalen von Zeitungen: hast du zum Beispiel Hobbies? Gibt es hierfür Online-Magazine oder Plattformen? Würdest du für Insider-Wissen oder aktuelle News denn nicht vielleicht doch bereit sein zu zahlen? Ich glaube, es gibt nicht DIE richtige Antwort – aber gezahlt habe ich wie du auch noch nicht 😉
      Was die Werbung betrifft: meines Wissens wird (natürlich) Werbung angezeigt, das wird jedoch unterschiedliche Ausprägungen haben! Abo-Besitzer von Online-Zeitungen sind zudem meist ein Befürworter von digitaler Technik und können beispielsweise mit dem Print-Format nichts mehr anfangen – wollen aber auch nicht auf die „geliebte“ Tageszeitung vollends verzichten…

      Gruß
      Stefan

  2. Also, ich liebe das Netz, Social Media und alles, wo man Knöpfchen oder Tasten drücken kann. Aber was das Lesen angeht: Ich werde so lange bei Print bleiben, wie es mir angeboten wird. Deswegen zahle ich online (noch) nichts.

    Was ich aber wohl tuen würde, wenn es nicht mehr anders ginge. Allerdings sollte man als Publizist seine Werke immer sowohl-als-auch anbieten, da viele Leser-User nicht mehr Blättern möchten. Und ein Vorteil ist ja auch die Verlinkung, die mir ggf. schnell weiterführende Informationen gibt.

  3. Qualität wird sich immer durchsetzen. Das eine ist die Vielfalt des Internets das andere sind die individuellen Interessen. Wenn also die freien Alternativen für gute, themenspezifische Informationen fehlen, wird der User immer auch für Informationen bezahlen. Statista ist dafür ein gutes Beispiel. Mit aktuellen Fußballergebnissen wird man sicher niemanden mehr hinterm Ofen vorlocken…

    1. Hallo Michael,

      bislang macht die BILD-Zeitung fast ausschließlich Gewinne mit Fußballergebnissen bzw. Videos etc. und sogenannten Hintergrundberichten… wird sich nach der WM sicher (noch nicht) ändern!

      Viele Grüße
      Stefan

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