User-generated Content – hier her oder ich fall‘ um

Der geneigte Leser meines Blogs weiß, dass ich sehr gerne mit Wortspielen um mich schmeiße. Ich werde fernab der Headline versuchen, die Geburtstagsparty dennoch nicht zu versauen. Bierernst wird es aber auch diesmal nicht, denn ich möchte Bier und Content zum 500. Jahrestag des Reinheitsgebots zusammen bringen. Genauer genommen geht es diesmal insbesondere um User-generated Content. Prost!

Was ist User-generated Content?

Erfolgreiches Social Media-Marketing zeichnet sich in erster Linie durch die aktive Teilnahme der bestehenden und potenziellen Kunden sowie Nutzer an den Online-Aktivitäten des jeweiligen Unternehmens aus. Es lebt nahezu ausschließlich davon, dass User Blogbeiträge kommentieren, auf der Facebook-Seite Textbeiträge, Bilder oder Videos einstellen und in entsprechenden Foren mit Gleichgesinnten diskutieren.

Zunehmend werden Inhalte, basierend auf Content-Plänen multimedial aufbereitet – nicht nur die eigenen, sondern eben auch der User-generated Content aus der Community. Die Unternehmen selbst produzieren, verteilen respektive lassen nicht mehr nur Inhalte verteilen. Längst bringen sich die Stakeholder mit eigenen Ideen und Vorstellungen ein. Dadurch entsteht beziehungsweise entwickelt sich bestenfalls eine engere Bindung zur Marke.

Der Begriff „User-generated Content“ (UGC; englisch auch: „User-driven Content; deutsch: „nutzergenerierte Inhalte“) steht für verschiedene Arten von Medieninhalten, die nicht vom Anbieter eines Webangebots, sondern von dessen Nutzern erstellt und hochgeladen werden. Als weitere Erscheinungsformen oder Synonyme treten häufig die Begrifflichkeiten Crowdsourcing, Consumer-generated Media oder Conversational Media auf.

Damit eine Community um eine Marke herum entstehen und sich entfalten kann, können Geschichten nicht mehr allein von den Unternehmen erzählt werden. Unabhängig davon gilt wie fast immer: die richtigen Empfänger im richtigen Moment zu erreichen und zugleich dafür zu sorgen, dass sich die eigenen Botschaften verbreiten – gelingt nur mit relevanten, nutzenstiftenden Inhalten.

Dafür bedarf es einer Content-Strategie. Also eine Strategie, die vorgibt, welche Inhalte in welchem Format auf welche Art und Weise an welche Zielgruppen oder Personas kolportiert werden sollen. Bei aller „Macht“, die die Fans und Kritiker im Stande sind auszuüben – der eigene Content und das eigene Angebot bleiben das entscheidende Momentum und sollten nicht vollends aus der Hand gegeben werden.

Wie komme ich von UGC auf Bier?

Wenn man Trends und Entwicklungen bewerten möchte, empfiehlt sich meiner Erfahrung nach ein Blick zurück. Welches Vorgehen hat sich in der Vergangenheit bewährt und lässt sich auf heutige Vorhaben übertragen? Welche Fehler wurden begangen und was können wir daraus lernen?

Die erste Werbeanzeige von David Ogilvy (1911 – 1999) – dem wohl international bekanntesten Werbetexter – als Chef seiner eigenen Agentur im Jahre 1948 zeigt bereits den Umgang mit Content in Reinform. Nicht das Produkt Guiness Bier steht hier im Mittelpunkt, sondern die Zusatzinformationen für den Kunden. Subtil wird eine Brücke geschlagen. Harmonieren doch in diesem Falle Austern zufälligerweise mit einem Guiness.

User-generated Content - hier her oder ich fall' um

Diese Anzeige ist natürlich noch kein UGC, konnte aber hoffentlich den Wissensdurst zunächst löschen und Appetit auf mehr machen. Ebnet sie mir doch einen schönen Übergang zu einem Beispiel aus der Praxis. Also, mein Glas ist halb voll!

Der 13. Kölner Stammtisch #SoMeK der Netzwerk-Reihe Hashtag SoMe hatte Mitte April zum Thema „Hopfen, Malz und Social Media“ geladen. Da braute sich ordentlich etwas zusammen. Die Referentin Cosima Eitel, Produktmanagerin und Social Media-Verantwortliche bei Früh Kölsch, gewährte persönliche und tolle Einblicke in den Social Media-Kessel der drittgrößten privat geführten Kölsch-Brauerei der Welt. So wurde zum Beispiel den rund 20 Teilnehmern bereits bei der Veranstaltung der Slogan für das nächste Motiv gezeigt – welches bis dato noch streng geheim war!

Mai first love.

Früh Kölsch fällt regional immer wieder durch amüsante und kreative Plakatkampagnen auf. Seit 1992 werden sechs Werbeflights per annum geschaltet, die auch im digitalen Bereich hohe Anerkennung und Verbreitung finden. In nur eineinhalb Jahren wuchs der Instagram-Account von Früh organisch auf über 4.000 Abonnenten. Bei Facebook tummeln sich mehr als 40.000 Fans auf der Früh Kölsch-Seite. Etwa die Hälfte der größtenteils zwischen 25 und 34 Jahren alten (17 Prozent) Männer (70 Prozent) und Frauen (30 Prozent) ist mobil unterwegs. YouTube läuft langsam an und Google+ kann bei der Kanal-Betrachtung vernachlässigt werden.

Beliebt sind neben den Werbemotiven vor allem die Einblicke hinter die Kulissen durch historisches und authentisches Bildmaterial aus den tiefen Katakomben des Archivs. Mit mehr als 111 Jahren Familientradition und nunmehr 500 Jahren Reinheitsgebot-Kultur gibt es schließlich allerhand zu posten. Krisenthemen oder Krisen gab es bislang noch nie!

Insgesamt kann also von einer Marke gesprochen werden, die von den Nutzern im Internet begeistert angenommen wird. Bei keiner anderen Kölsch-Marke ist das User-Engagement so hoch wie bei Früh – selbst der internationale Vergleich mit den größeren Brauereien muss nicht gescheut werden. Der Content kommt zu einem beachtlichen Teil von den Fans selbst. Ist der geschickte Umgang damit das Geheimrezept der hohen Interaktionsraten?

User-enerated Content erscheint trendy und effektiv – zumindest bei einer lokalen Love Brand wie zuvor beschrieben. Sicher kann es demnach divergent vorteilhaft sein, ab und an seinen Gefährten das Zepter zu überlassen.

Warum User-generated Content?

Konsumenten finden in den meisten Fällen Empfehlungen von Freunden, Geistesverwandten und Gleichgestimmten überzeugender als professionell publizierten Content. Sie verzeihen letztgenannten, wenn er authentisch und vor allem transparent (sprich: entsprechend gekennzeichnet) vorgetragen wird.

Bestenfalls machst du das, was du bist oder ausmachen willst, schlichtweg gut. Weckst Interesse, sorgst für Emotionen und kriegst die Community dazu, darüber zu reden und sich konstruktiv einzubringen. Wer jemanden kennt, der jemanden empfiehlt…

5 Gründe, die für User-generated Content sprechen

Kosten: Abgesehen von der zu investierenden Zeit für interne Abstimmungen sowie die Korrespondenz mit dem User und der Community ist User-generated Content im Prinzip kostenlos. Nur selten werden Geld, Goodies oder sonstige Tauschgeschäfte eingefordert. Letztgenannte Forderungen sind wie die generelle Nutzung zwingend im Vorfeld zu eruieren.

Traffic: User-generated Content wird überdurchschnittlich oft geteilt, kommentiert und gelikt. Durch geschickte, jedoch unbedingt reduziert eingesetzte Verlinkung, kann zusätzlich Traffic am gewünschten Touchpoint erzeugt werden. Geläufige oder passende Hashtags erleichtern zu einem späteren Zeitpunkt die etwaige Suche Dritter und können ebenfalls für eine höhere Interaktionsrate (Engagement) beispielsweise via Twitter oder Instagram sorgen.

Bindung: Durch die Einbindung von User-generated Content zum Beispiel in den Facebook-Content-Plan, werden die Nutzer aktiv in den Prozess der Content-Generierung involviert. Das schafft Vertrauen und suggeriert hoffentlich nicht nur Kundennähe, sondern zeugt von Gefühl und Glaube an der Sache. Eine Veröffentlichung löst dann bestenfalls Interesse, Eifer und Leidenschaft aus – Markenbindung pur.

Image: Zum einen sorgt User-generated Content für gelungene Abwechslung bei den veröffentlichten Inhalten. Zum anderen beinhaltet der Content meistens ein gewisses Maß an Kreativität, was zusätzlich positiv auf das Image einwirkt. Als Stichworte seien ferner Selbstironie und Wortwitz genannt. Außerdem erfolgt die Erstellung in aller Regel nicht innerhalb eines professionellen Rahmens, was bei entsprechender Authentizität der Inhalte die Identifikation mit dem Unternehmen nach Innen und Außen stärkt.

Werbung: Menschen, die die Marke bisher kaum oder noch gar nicht kannten, werden durch User-generated Content respektive deren Weiterverbreitung darauf aufmerksam gemacht. Ohne teuren Werbeaufwand kann so mehr Reichweite generiert werden. Zu einem Viral wird ein solcher Post hingegen selten, sind die Multiplikatoren doch meistens Bestandteil einer Filterblase.

Spätestens mit der Verbreitung partizipativer Plattformen wie Wikipedia, YouTube oder Facebook hat sich die passive Nutzung des Internets in eine aktive Beteiligung gewandelt. Die Nutzer dieser Plattformen sind eben nicht mehr nur passive Rezipienten, sondern auch aktive Produzenten, die an der Inhaltsproduktion teilhaben und genau das wollen. Eine ganze Vielfalt an Internetangeboten, zieht aus den von Nutzern erzeugten Inhalten einen großen Nutzen. Daran kann also nicht viel falsch oder verwerflich sein.

Von Usern für User – ist das der Inbegriff von Usability? Wohl kaum, aber nach diesem Beitrag und zwei Bierchen – darf ein letztes Wortspiel erlaubt sein!

Wie geht ihr mit User-generated Content um? Duldet ihr die fremden Inhalte bloß oder nutzt ihr sie sinnvoll für die Markenbildung?

Autor: Stefan Schütz /
Foto: Dirk Kruse / pixelio.de

4 Kommentare zu „User-generated Content – hier her oder ich fall‘ um“

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